Der Deutsche Ritterorden
Der Ordo Equitum Teutonicorum auch bekannt als der Deutsche Ritterorden hat eine ebenso glanzvolle wie bewegte Geschichte. Auch wenn er in seinem Bekanntheitsgrad neben den beiden prominenteren Ritterorden der Kreuzzüge, den Templern und Johannitern stets ein wenig zurückstand sind durch diesen Ritterorden jedoch Bedingungen geschaffen worden, die vor allem maßgeblich zur Staatenbildung Preußens und damit Deutschlands beitrugen.
Die Geschichte des Ordens wurde vor allem in die Propagandamaschinerie im Zweiten Weltkrieg sowohl von Seiten Deutschlands wie auch Polens eingeflochten, was zu einem ausgesprochen negativ gefärbten Gesamtbild seiner heutigen Betrachtung führte.
Es begann vor Akkon...
Die Geschichte des Deutschen Ordens beginnt -wie so oft bei den Ritterorden- im Heiligen Land. Guy de Lusignan, der glücklose König von Jerusalem (welches er zuvor an Saladin verloren hatte) marschiert mit einem kleinen, bunt zusammengewürfelten Heer vor das von Saladin schwerbefestigte Akkon, mit dem aberwitzigen Plan die Stadt mit seiner viel zu kleinen Schar zu erobern. Obwohl das Heer beständig von neuen Kreuzfahrern aus dem Abendland verstärkt wurde, konnten die Europäer, die sich mit Belagerungen schon immer schwer taten, die Mauern der Stadt nicht überrennen. Die Stadt war besonders durch ihre natürliche Lage sehr leicht zu verteidigen, da sie auf zwei Seiten vom Meer umspült wurde und nur zur enorm verstärkten Landseite her verteidigt werden musste. Die mächtigen Bollwerke von damals sind auch heute noch deutlich zu erkennen.
Zwei Jahre lang verbissen sich die beiden feindlichen Heere in blutigen Kämpfen und Scharmützeln ineinander, ohne dass eine der beiden Seiten einen wirklichen Vorteil erringen konnte. Die Kämpfe waren geprägt von teilweise an Irrsinn grenzenden Aktionen, wie im Juli 1190, als die einfachen Fußsoldaten geschlossen einen Sturmangriff auf die Stadt forderten, den die Adligen jedoch im Wissen um die ungünstige Ausgangssituation ablehnten. Daraufhin griffen die Fußtruppen selbstständig entgegen ihren Befehlen und ohne die Ritter die Stadt an und wurden unter fürchterlichen Verlusten zurückgetrieben. Aber auch einzelne Ritter und Adlige versuchen immer wieder eigenwillige Spontanangriffe auf die Stadt und rissen sich und ihre Getreuen dadurch stets in den Tod. Die Stadt musste also ausgehungert werden, doch immer wieder gelang es Schiffen unter dem Banner des Halbmondes die Blockade der Kreuzfahrer zu durchbrechen und die Hafenstadt Akkon mit Vorräten zu versorgen, wobei im Lager der Christen Hunger und Seuchen vorherrschten, die dem Ritterheer neben den erwähnten Verlusten in den Scharmützeln stark zusetzten. In dieser Not verzweifelten viele der Soldaten und sogar Ritter und flohen, ergaben sich oder schlossen sich gar Saladins Heer an, nachdem sie den muslimischen Glauben angenommen hatten. Ermutigend war für die Kreuzfahrer allenfalls das stetige Eintreffen neuer Ritter und Soldaten. 1189 traf als einer der Männer der ersten Stunde bereits der Landgraf Ludwig von Thüringen mit einem größeren Kontingent deutscher Ritter vor Akkon ein. Als 1191 König Richard Löwenherz endlich vor Akkon eintrifft, haben sich einige der Deutschen Ritter und Kleriker den Respekt der übrigen Kreuzfahrer durch ihre tapferen Beiträge bei den entbehrungsreichen Kämpfen aber auch und vor allem durch die Führung eines groß angelegten Lazarettes durch einige Magister erworben. Viele der Kranken und Verletzten wurden dort aufopferungsvoll versorgt und gepflegt.
Als Akkon dann endlich im Juli 1191 erobert wurde erhielt der Orden ein Grundstück in der Stadt auf dem sein erstes Spital das "Haus der Deutschen" errichtet wurde.
1198 wurde dieser Spitalorden nun offiziell zu einem Ritterorden erhoben, was vermutlich auf eine Verfügung des zuvor verstorbenen Stauferkaisers Heinrich VI. zurückging. Sein Wahlspruch hieß fortan: "Helfen, Wehren, Heilen".
Ein Neuer Orden
Der Orden sollte die Vorteile der Johanniter und Templer in sich vereinen, weswegen er weiter seine Hospitale nach Vorbild der Johanniter betrieb, Ordensstatuten und Alltag sich jedoch eher an den Templern orientierten.
Der Orden setzte sich aus Ritterbrüdern, Priesterbrüdern und Sergeantbrüdern (auch als Sarjantbrüder bezeichnet) zusammen, die allesamt vollwertige Ordensmitglieder waren, ungeachtet der etwas erhöhten Position der Ritter. Die Ritter trugen ein Schwarzes Kreuz auf weißem Grund, wohingegen den Sergeanten ein schwarzes Kreuz auf grauem Grund zustand.
Die drei zentralen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams denen sich jeder Ordensbrüder zu verpflichten hatte und die denen des Templerordens sehr ähnelten, sollten dem Orden sein künftiges Gepräge verleihen.
Durch das Gelübde der Keuschheit wurde sichergestellt, dass keine Titel vererbt sondern an den fähigsten Kandidaten verliehen wurden.
Das Armutsgelübde hingegen sicherte ab, dass alle Einkünfte in die Ordenskasse flossen, und sich niemand persönlich bereichern sollte.
Das Gelübde des Gehorsams ermöglichte das reibungslose Funktionieren der Befehlskette, was den Orden sowohl in der Verwaltung seiner Gebiete, wie auch auf dem Schlachtfeld zu einem gut organisierten Gebilde machte. Man erinnere sich an die erwähnten Desaster vor Akkon, bei denen solches eben nicht gewährleistet war. Die später so gut organisierte Preußische Bürokratie hat ihre regionalen wie auch ideellen Wurzeln nicht ohne Grund beim Deutschen Orden.
Geleitet wurde der Orden als er zunehmend Konturen gewann, von einem auf Lebenszeit gewählten Hochmeister. Ihm unterstanden ein Großkomtur als sein Stellvertreter, der Marschall, der die Truppen befehligte, der Spitalmeister. Die Verwaltung wurde ferner noch gleitet vom Trappier, dem Vorsteher der Ausrüstungskammern und dem Treßler als Finanzverwalter.
Der Einfluss von Herman von Salza und Friedrich II. von Hohenstaufen.
Alles in allem war der Orden jedoch noch zu Beginn von eher kleinerer und unbedeutender Gestalt. Dies sollte sich jedoch unter seinem vermutlich bedeutendsten Hochmeister, Hermann von Salza ändern.
(Hermann von Salza)
Hermann von Salza war verwand mit dem Landgrafen von Thüringen, der sein Lehnsherr war, und den wer vermutlich auch zur Belagerung von Akkon begleitete. 1209 wurde er erstmals als Hochmeister erwähnt und begann sofort die Ordensbesitzungen in Palästina, Syrien, Armenien und Zypern auszubauen. Der Orden wurde zunehmend bekannter und der Ungarische König bat den Orden 1211 zum Krieg gegen die in das Burzenland einfallenden Kumanen.
Der Orden wuchs beständig weiter an, weniger wegen seiner militärischen Interaktionen als vielmehr zu seinem Näheverhältnis zu den Staufern. Wurde der Orden durch einen Erlass Heinrichs VI ins Leben gerufen, so erhielt er seinen größten Auftrieb von Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen, der dem Orden immer mehr Schenkungen an Land und Vermögen zukommen ließ. Hermann von Salza und der Kaiser sollen sich auf Anhieb verstanden haben, wie einige Quellen berichten und was auch die zahlreichen Abkommen nach dem ersten Zusammentreffen der beiden nahe legen. Einerseits fungierte Hermann recht schnell als einer der wichtigsten Ratgeber Friedrichs andererseits versuchten auch die Päpste durch ihre hohe Stellung über alle geistlichen Ritterorden Einfluss auf den Kaiser durch Hermann zu nehmen, der im später entstehenden Streit zwischen Kaiser Friedrich und den Päpsten stets als Vermittler beider Parteien fungierte.
(Kaiser Friedrich II von Hohenstaufen)
Es entstand also eine Art Dualismus, die sowohl dem Orden als auch dem Kaiser Vorteile brachte. Der noch im Begriff der Entstehung befindliche Orden war auf die Unterstützung des Kaisers angewiesen, vor allem bei der Rekrutierung seiner Ordensbrüder im Heiligen Römischen Reich, das ja auch Norditalien und zumindest vom Staufischen Herrschaftsanspruch her Sizilien umfasste. Dieser Herrschaftsanspruch war übrigens einer jener Gründe der Entzweiung von Kirche und Kaiser. Der Kaiser hatte zwar gelobt, er selbst wolle nicht über das Reich plus Sizilien herrschen, ließ aber unerwähnt, dass er beabsichtigte seinen Erben, dem glücklosen König Konrad dieses Privileg durchaus zukommen zu lassen.
Friedrich hingegen war froh einen Ritterorden im Heiligen Land an seiner Seite zu wissen, der in vielerlei Hinsicht von ihm abhängig war und seine Position gegenüber dem Papsttum zu stärken vermöge.
Seine Feuertaufe erhielt der Orden, als der Kreuzzug gegen Ägypten ausgerufen wurde. Mit einer großen Abteilung Deutschordensritter trug der Orden zu der Eroberung Damiettes bei.
Die Tapferkeit der Deutschritter verbunden mit der Pflege vieler Verwundeter trug zum Ruhme des Deutschen Ordens bei und manch ein Adliger, der sein Leben auf dem Krankenbett aushauchte, vermachte dem Orden großzügige Schenkungen. Nachdem sich der Kreuzzug gegen Ägypten in ein Desaster verwandelte spitzte sich der Konflikt zwischen den Staufern und dem Papst, der vom Kaiser einen neuerlichen Kreuzzug verlangte weiter zu. Der Kaiser hingegen, betrachtete derlei Vorhaben stets mit Skepsis, zu Recht wie sich nach Damiette gezeigt haben sollte. Dem christlichen Heer vor Kairo wurden noch im Angesicht der Niederlage Friedensangebote von außerordentlicher Großzügigkeit gemacht, die auf das stumpfe Drängen des päpstlichen Legaten jedoch allesamt zurückgewiesen wurden. Als Friedrich II. erneut vom Papst zu einer festen Zusage zum Kreuzzug nebst von der Kurie bestimmten Termin gedrängt wurde, soll er geantwortet haben:
"Man wird sich damit abfinden müssen, dass ich meine Termine selbst bestimme. Ist es im übrigen meine Schuld, dass seit nun zweieinhalb Jahren ein Kreuzfahrerheer unter einem ebenso aufgeblasenen wie unfähigen päpstlichen Legaten nicht etwa vor Jerusalem, sondern vor Damiette an der Nilmündung lagert, weil man glaubt, durchaus Kairo haben zu müssen? Nun, da das Prestige seiner Heiligkeit auf dem Spiel steht, soll ich ihm seine Kastanien aus dem Feuer holen!"
Doch war die Niederlage schon nicht mehr abzuwenden und schon bald darauf mussten die Kreuzfahrer Ägypten räumen, wobei der Großmeister der Templer und Hermann von Salza persönlich beim Sultan mit ihrem Leben für die Einhaltung des Rückzuges bürgten.
1227 entschloss sich der Kaiser dann doch zu dem geforderten Kreuzzug aufzubrechen, doch raffte eine Seuche einen Großteil seines Heeres dahin, sodass das Unterfangen einstweilig aufgegeben werden musste.
Nun kam es zum ersten großen Bruch zwischen Friedrich und Rom. Der Papst unterstellte Friedrich, dass dessen Sympathien für die Muslime der Grund für den abgesagten Kreuzzug seien. Er behauptete gar, der Kaiser hätte selbst die Pest unter sein Heer getragen und ignorierte den Umstand, dass Friedrich Höchstselbst an der Pest erkrankt war, doch das Glück hatte zu genesen. Er sprach über Friedrich den Kirchenbann aus.
In der Tat war Friedrich nicht ganz von dem Schwarzweißdenken seiner Zeit beseelt. Aufgewachsen auf Sizilien, des Arabischen noch vor dem Deutschen mächtig, träumte er von einem auf Übereinkünften basierenden Großreich des Friedens und der Verständigung und stand den Ambitionen Roms, den christlichen Herrschaftsanspruch durch Vernichtung aller Andersgläubigen durchzusetzen von jeher ablehnend gegenüber. Dies zeigt sich zum Beispiel auch daran, dass er sich nur sehr widerwillig dazu durchringen konnte, die von Rom geforderten Ketzergesetze zu erlassen, die die Kirche brauchte um die Katharer auch mit dem weltlichen Arm des Rechts verfolgen zu können. Dennoch beugte er sich diesen Forderungen, die Papst Honorius zur Bedingung seiner Krönung und Salbung zum Kaiser machte.
Nach dem Bann 1227 ward Friedrich als Geächteter zu verstehen und ihm wurde nun die Teilnahme an einem Kreuzzug verboten.
Dennoch, oder vielleicht eben deshalb sammelte der Kaiser ein kleines Heer um sich und landete am 7. November in Akkon.
Die kirchlichen Würdenträger, unterstützt von Templern und Johannitern verweigerten dem Kaiser als Gebannten jegliche Zusammenkunft. Die Christen in der Terra Sancta drohten sich in Anhänger von Kaiser und Kurie zu entzweien. Herman von Salza jedoch hielt treu zum Kaiser, der ihm, wohl um den Papst zu besänftigen den Oberbefehl über den Kreuzzug übertrug.
Allerdings zog Friedrich nach wie vor eine friedliche Lösung vor und erreichte zum Entsetzen Roms tatsächlich mit Sultan Al-Kamil ein Abkommen, nach dem die Christen Jerusalem zurückerhalten sollten, aber Muslimen der Zugang zur Al-Aksa Moschee und dem Felsendom zugestanden werden sollte. Ohne einen Schwertstreich hatte der Kaiser Jerusalem also wieder für die Christen eröffnet.
Sowohl die etablierten Ritterorden, wie auch der heilige Stuhl bezeichneten diesen Vertrag als ergaunerten Kuhhandel, als Schacherei mit den größten Heiligtümern des Christentums und erkannten ihn keinesfalls als legitim an, was Friedrich dazu veranlasste, sich nun selbst zum König von Jerusalem zu krönen. Dem Festgottesdienst blieb der noch im Kirchenbann stehende Kaiser auf Drängen des Hochmeisters von Salza fern, um seine politischen Gegner nicht unnötig zu provozieren.
Für die unerschütterliche Treue Hermann von Salzas bei gleichzeitiger Anerkennung der Stellung des Heiligen Stuhls war der Hochmeister Kaiser Friedrichs wichtigster Diplomat in dessen wichtigster Angelegenheit und nicht ohne Grund wurden seinen Orden zahlreiche Besitzungen von Friedrich geschenkt. Zunächst das deutsche Spital und das Haus König Balduins in Jerusalem, womit der Ordo Equitum Teutonicorum nun endlich Besitz in der prominentesten Stadt der Christenheit besaß. Dann erhielt er Besitzungen in Tyrus, Sidon und Antiochien und später auch auf dem Peleponnes, Sizilien, Apulien und der Lombardei und sogar in Spanien. Im deutschsprachigen Raum hielt der Deutsche Orden bereits eine große Anzahl von weiträumigen Niederlassungen.
Herman ließ jedoch nicht von seinen Versuchen ab, den Kaiser mit Rom zu versöhnen, was ihm 1230 auch vorerst gelang, und Papst Gregor IX. den Bann aufhob.
Durch diese Parteinahme für das Kaiserhaus hatte der Orden viele Vorteile errungen, aber musste auch einen Preis dafür zahlen, den Rom hatte nicht vergessen, dass der Orden seinen Erzfeind unterstützte, den es kurze Zeit später wieder mit aller Vehemenz bekämpfen würde.. So durfte er neue Mitglieder nur aus dem Kaiserreich rekrutieren. Das Reichsgebiet umfasste neben den Deutschen Landen zwar auch Norditalien und Sizilien, doch verlor der Orden dadurch die Möglichkeit zu einer Supranationalen Organisation heranzureifen, wie es die Templer und Johanniter waren.
Die Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst hielt allerdings nicht sehr lange. Die italienischen Städtekommunen lehnten sich immer wieder in beständig unbeständiger Bündniskonstellation gegen die Hoheit des Kaisers auf und meist mischte sich Rom auf Seiten der Städter in diese Konflikte ein. Dass Friedrich letztlich in der Schlacht von Courtenuova den Sieg über die Italiener davontrug besserte seine Position gegenüber dem Heiligen Stuhl daher keineswegs.
Der Vorstoß nach Osten
Hermann von Salza hatte mit seinem Wirken, vor allem der Vermittlung zwischen Rom und Friedrich seinen Orden zu einer respektablen militärischen wie auch politischen Macht erhoben.
Schon 1226 wurde er vom Herzog Konrad von Masovien gebeten eine Aufgabe außerhalb des Heiligen Landes zu bewältigen. Er erbat sich vom Orden Unterstützung gegen die heidnischen Prussen die immer wieder seine Grenzen im Kurland bedrängten. 1230 schickte Hochmeister von Salza eine Schar Ritter geführt von Herman von Balk an die Grenze. Diese überrannten in kurzer Zeit die überraschten Prussen und drangen tief in ihr Herrschaftsgebiet ein, das sie 1234 nahezu vollständig erobert hatten. Der Orden beantragte sofort beim Kaiser, wie auch beim Papst, den Besitz dieser Gebiete offiziell zu bestätigen. Diese beiden mächtigsten Institutionen der Christenheit kamen dem auch nach, woraufhin der Orden nun über weiträumige Besitzungen in Osteuropa verfügte. Die Basis für das spätere Wirken des Ordens im Osten war damit geschaffen.
Der bis dahin in diesem Gebiet vorherrschende Schwertbrüderorden wurde nach seiner schweren Niederlage 1236 gegen die Livländer in den Deutschen Orden im Jahre 1237 inkorporiert. Die bisherigen Aufgaben des Schwertbrüderordens wurden nun Aufgaben des Deutschen Ordens, der auch die Eroberung Livlands, der bisherigen Domäne des Schwertbrüderordens, wie auch die Herrschaftskonsoledierung in diesen Gebieten weiter betrieb.
Weitere Vorstöße nach Osten wurden jedoch durch die Niederlage des Ordens in der Schlacht am Peipussee 1242 schon früh vereitelt, sodass man sich auf die vollständige Erschließung Livlands und die Festigung der dortigen Herrschaft beschränkte.
Die Litauer erwiesen sich als hartnäckige Gegner, doch wurde ihnen ihr Heidnischer Glaube zum Verhängnis, da der Orden dadurch immer wieder Adlige aus ganz Europa zu Kreuzzügen gegen dieses Volk mobilisierte, um ihnen den wahren Glauben Christi bringen zu können.
Zusätzlich bewirkte der Verlust Akkons 1291, dass der Orden nun sein Hauptaugenmerk vom Heiligen Land auf den Osten verlegte. So wurde die Marienburg 1309 nun offizieller Hauptsitz des Ordens, und noch im selben Jahr wurden Danzig und Pommerellen dem Ordensgebiet einverleibt.
Struktur, Wirtschaft und Organisation des Deutschen Ordens
Die neuen Herausforderungen im Osten, wie auch die Verwaltung der großen Ordensgebiete bedurften einer Neuorganisation der Verwaltungsstrukturen. An der Spitze des Ordens stand der Hochmeister, dessen alleiniger Befehl von jedem anderen Ordensmitglied uneingeschränkter Gehorsam entgegenzubringen war. Er herrschte gewissermaßen absolut, doch traf ein Hochmeister in der Regel nie wichtige Entscheidungen ohne den Rat der „Großgebietiger“ den ältesten, erfahrungsreichsten und wichtigsten Ordensbrüdern angehört zu haben. Mit ihnen bildete er gemäß den Ordensstatuten den regierenden Zirkel der Macht im Orden.
Die Ordensprovinzen wurden in so genannte Balleien aufgeteilt, denen jeweils ein Landkomtur vorstand. Diese Balleien wurden auf drei Großräumen verteilt, denen jeweils ein Landmeister vorstand. Der Landmeister der reichsinternen Balleien wurde Deutschmeister genannt, außerdem gab es noch die Landmeister der Großräume Livland und Preußen. Zunächst flossen die Gelder aus den Balleien im Deutschen Reich und im Westen Europas. Außerdem wurden die Ritterbrüder allesamt dort rekrutiert. Mit diesen Rittern und den Finanzmitteln wurden dann die Unternehmungen im Osten ermöglicht.
An neuen Brüdern fehlte es dem Orden selten. Bedenkt man, dass Hermann von Salza Hochmeister des Ordens nur einer kleinen Ministerialfamilie entstammte und der Ordenshochmeister über ein größeres Gebiet herrschte als so mancher Herzog oder Fürst, eröffneten sich auch dem niederen Adel erstaunliche Aufstiegsmöglichkeiten, vor allem auch den Zweit- und Drittgeborenen, ähnlich wie auch schon in den anderen Ritterorden. Die Beschränkung auf Ritter aus dem Reichsgebiet bot neben dem Nachteil kein Ritterorden des gesamten Abendlandes zu sein, auch einen Vorteil. So kamen die Ritter des Ordens selten in den Konflikt zwischen die Fronten der Interessen ihres Ordens und denen ihrer Heimatnation zu geraten. Der Höhepunkt eines solchen Konfliktes zeichnete sich zum Beispiel bei den Tempelrittern ab, als sich das französische Königshaus gegen sie wandte, was mit der Auflösung des Ordens und der Verbrennung des Großmeisters 1314 endete. Die Interessen des Ordens und die des Kaiserreiches waren meist entweder konform oder unabhängig voneinander, sodass seinen Mitgliedern solche Konflikte weitgehend erspart blieben.
Bald schon änderte sich die wirtschaftliche Gewichtung der Balleien, und bald war es der Großraum Preußen, der durch geschickten Handel mit Bernstein und Getreide einen Großteil des Ordens finanzierte. Der Deutschmeister war fortan eher Schuldner denn Gläubiger des preußischen Großraums und seinem Landmeister, während der Großraum Livland sich weitgehend autonom finanzieren konnte. Fortan kam dem preußischen Ordenszweig eine Führungsposition gegenüber dem Deutschen und Livländischen zu, und meist stellte er auch den Hochmeister.
Neue Konfliktherde
Einen Großteil seiner Macht und seines Einflusses erhielt der Orden nun durch seine Stellung als Verteidiger der katholischen Kirche im Kampf gegen die heidnischen Litauer und die orthodoxen Russen bzw. das Großherzogtum Nowgorod. Zahlreiche Ritter und Adlige aus ganz Europa unterstützten den Orden aus diesem Grund in diversen Kreuzzügen gen Osten. Dies änderte sich jedoch, als der litauische Großfürst Jagietto die polnische Prinzessin Hedwig ehelichte und zum Katholizismus konvertierte. Damit war die große Kreuzfahrerlegitimation, die dem Orden so zahlreiche Unterstützung zukommen ließ endgültig passé. Allerdings konnte zumindest der Großraum Livland weiter daran festhalten bei der Bekämpfung der orthodoxen russischen Stämme den wahren Glauben zu verbreiten.
Nach diversen Grenzstreitigkeiten kam es schließlich zum Krieg mit einer polnisch-litauischen Allianz, der seinen Höhepunkt in der Schlacht bei Tannenberg 1410 fand, bei der dem nun auf sich gestellten Orden eine empfindliche Niederlage zugefügt wurde.
In verlustreichen Kämpfen konnte Heinrich von Plauen zwar die Marienburg gegen das feindliche Heer halten, doch außen- und innenpolitisch war der Orden nun schwer angeschlagen. Vergangen waren die Kreuzfahrerlegitimation und auch der Führungsanspruch des preußischen Großraums unter dem Hochmeister. Der Großraum Livland wurde daraufhin zunehmend autonomer vom Landmeister regiert.
(Schlacht bei Tannenberg)
Auch hatte der Orden den Siegern hohe Zahlungen zur Reparation und Beibehaltung der meisten Gebiete zu entrichten. In Finanz- wie Personalnot wurde der bis dahin unabhängige Orden nun mehr den Belangen des Adels aus dem Reich eröffnet. Immer öfter wurden Ämter an hohe Adlige vergeben. Das führte dazu, dass in den Ordenslanden nun erstmals Steuern eingeführt wurden, was den Rückhalt bei der Bevölkerung deutlich schmälerte. Dies ging sogar soweit, dass einige lokale Adlige dem Orden mit Unterstützung Polens offen die Fehde ansagten, was zu 13 Jahren aufreibendem Krieg führte. Als Ergebnis verlor der preußische Ordenszweig einen Teil seines westlichen Gebietes und musste dem polnischen König gegenüber einen Treueid leisten.
1525 Trat der Orden nun zur protestantischen Konfession über und Hochmeister Albrecht von Brandenburg ließ sich vom polnischen König das preußische Ordensland als herzogliches Lehen übertragen.
Auch der livländer Ordenszweig zerfiel zusehends unter den stetigen Angriffen des Moskauer Zaren, denn Unterstützung aus Preußen stand nicht zu erwarten, hatte Preußen ja wie erwähnt mit eigenen Problemen zu kämpfen. Auch Livland, nun auf Kurland beschränkt, wurde polnisches Lehen als Herzogtum, verwaltet vom Landmeister.
Die Bedeutung der Neubelehnung durch den polnischen König
Die Schritte des Hochmeisters Albrecht von Brandenburg-Ansbach und des Landmeisters Gotthart Kettler, die Ordenslande in polnische Lehen zu verwandeln, mögen auf den ersten Blick recht sonderbar anmuten. Der Verdacht der Schwäche und des Opportunismus drängt sich hier ebenso auf, wie der Vorwurf des Verrates.
Wer war dieser Albrecht von Brandenburg, und was bewegte ihn dazu mit der 300jahrigen Tradition des Ordens zu brechen?
Ansbach von Brandenburg gehörte zweifelsohne zu jenen, die von der Öffnung höherer Ordensämter für den Hochadel profitierten. Man bedenke, dass sowohl sein Eintritt in den Orden als auch seine Wahl zum Hochmeister beide in das Jahr 1511 fielen. Er war damals 21 Jahre alt!!! Zum Vergleich: Die beiden übrigen Landmeister hatten sich vom Ritter auf zu ihrem Amt hochgearbeitet und dem Orden fast 40 Jahre ihres Lebens gewidmet. Die Wahl dieses Kandidaten an sich begründete also bereits einen bedeutungsschweren Bruch mit der Tradition, den Würdigsten zu wählen. Bemerkenswert erscheint hier der Umstand, dass die Mutter Albrechts die Schwester des polnischen Königs Sigismund I. war.
Schon sein Vorgänger wies ähnliche verwandtschaftliche Bande auf und war im übrigen eigentlich jener, der mit der Tradition brach, denn auch er war 1498 gleichzeitig in den Orden aufgenommen und zum Hochmeister gewählt worden. Er war auch im Grunde derjenige, der die Säkularisierung bzw. die Verfürstlichung des Ordensgebietes systematisch begann.
Grundsätzlich dürfte die Einsetzung dieser beiden Hochmeister die Hoffnung geleitet haben, den polnischen König leichter zum Rücktritt vom Vertrag des Thorner Friedens von 1466 bewegen zu können. Brachte dieser Vertrag doch den Verlust großräumiger Gebiete in Westpreußen an den König mit sich, weswegen es stets ein Anliegen des Ordens war, diesen zu revidieren. Der Nachfolger Friedrichs, Albrecht von Brandenburg-Ansbach entledigte sich zunächst nach und nach jener „Großgebietiger“ die nach den Ordensstatuten eigentlich an der Leitung des Ordens teilhaben sollten. Albrecht hatte sich damit der Regierungsbeteiligung Ordensinterner Würdenträger entledigt und schenkte sein Gehör nunmehr weltlichen Räten.
Auch sonst arbeitete er immer mehr auf eine Zentralisierung der Ordensverwaltung hinaus. Damit verlor der Orden nun auch seine föderalistische Prägung da alle Ordensgebiete des preußischen Zweiges von nun an der direkten Herrschaft des Hochmeisters unterstanden. Die wenigen noch annähernd unabhängigen Ordensgebiete wurden von Parteigängern Albrechts verwaltet. Vorteilhaft für die Herrschaft Albrechts war, dass seine Intentionen auch nicht von den Ansprüchen städtischer Ballungsräume gestört wurden, wie es im Reichsgebiet oft die Regel war. Es gab im Ordensgebiet schlichtweg keine nennenswerten Städte mit eigenen Interessen und Unabhängigkeitsbestrebungen, wie vor allem im westdeutschen Raum des Reiches.
(Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach)
Mit dieser Macht ausgestattet versuchte Albrecht zunächst eine Revision des Vertrages zum Thorner Frieden mit Gewalt zu erwirken. Im so genannten "Reiterkrieg" 1519 bis 1521 gelang es ihm jedoch nicht den polnischen König direkt zu schlagen und auch die geringe, eher obligatorische Unterstützung aus dem Reich und den anderen Ordenszweigen genügte nicht, den Krieg zugunsten des Ordens zu entscheiden. Man einigte sich 1521 auf einen Waffenstillstand für vier Jahre. Albrecht reiste in dieser Zeit viel im Reich, um Unterstützung für seine Ambitionen zu gewinnen. Zwar fand er diese nicht, begegnete aber zunehmend den Lehren Luthers, dessen Vorstellungen von Reformen den Hochmeister offenbar faszinierten, strebten sie doch die Beibehaltung der alten Ordnung in neuen, den Zeiten angepassten Strukturen an. Luther seinerseits schien diese Faszination nicht verborgen geblieben zu sein, sodass er eine Druckschrift an den Orden verfasste in der er Vorschläge zur Neuordnung und Säkularisierung vortrug. Vor allem riet er von der „falschen Keuschheit“ zur „rechten ehelichen Keuschheit“ hinzurücken, was einer Hinwendung zur dynastischen Herrschaft gleichkam.
Albrecht bot sich damit ein theologisch gerechtfertigtes Mittel zur Fortsetzung der von ihm begonnenen Politik, und es verwundert daher kaum, dass sich die von ihm begünstigten Bischöfe im preußischen Ordensgebiet 1523 und 1524 zur lutheranischen Kirche bekannten.
Albrecht hatte einen Weg gefunden sich aus der Abhängigkeit von Rom und in einer gewissen Weise auch vom Reich zu lösen. Er verfügte nun über ein vergleichsweise modern verwaltetes und beherrschtes Territorium wobei ihm Luthers Lehren als moralische Rechtfertigung zur Seite standen. Er hatte mit einem Mal einen neuen Territorialstaat erschaffen, welcher freilich von Polen abhängig war, was der Hochmeister allerdings in Kauf nahm. Albrecht von Brandenburg-Ansbach war nun Herzog und Lehensmann Sigismunds I..
Ein besonders reicher Herzog wohlgemerkt, denn vor seinem Lehenseid veräußerte er noch jene Besitzungen an den livländischen Ordenszweig, die er mit seiner Hinwendung zu Polen und dem damit einhergehenden Abfall vom Orden ohnehin verloren hätte. Ein brillanter Schachzug, wie man eingestehen muss. Auch erwirkte er dass seine Brüder in Ansbach und seine Vettern in Brandenburg ebenfalls belehnt und in den Hochadel erhoben wurden. Dadurch entstand ein Herrschaftsraum, der die Basis und den Ausgangspunkt des Preußischen Königreichs von 1701 wurde. Jenes Preußen war, wie hinlänglich bekannt sein sollte, letztlich die treibende Kraft zur Gründung des Deutschen Reiches von 1871. Aus jenem Reich ging nun nach den jüngeren historischen Wirren die Bundesrepublik Deutschlands hervor. Die herausragende Position Preußens, seine militärische Ausrichtung, das ausgeklügelte Verwaltungssystem, das archaisch anmutende aber dennoch reibungslos funktionierende Feudalprinzip, dies alles ist das Erbe des Deutschen Ritterordens, und gleichzeitig lag darin auch die Wurzel der Vorherrschaft Preußens.
Man darf darüber streiten, ob der Herzog von Brandenburg-Ansbach die herausragende Entwicklung Preußens vorausgesehen und beabsichtigt haben könnte. Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass der Deutsche Orden und die Säkularisierung seines wichtigsten Zweiges unter Albrecht den Grundstein zu der Nation legten, in der wir heute leben.
Die Überreste des Ordens
Nach der Säkularisierung des preußischen Ordenszweiges verblieb dem Ordo Equitum Teutonicorum nur noch der Großraum Livland und die im Reich liegenden Niederlassungen. Etwa 1565 wurde Livland von den Heerscharen des Großherzogtums Moskau überrannt, womit der Orden nunmehr auf sine Niederlassungen im Reich beschränkt war.
Der einstmals streng katholische Orden setzte sich im Deutschen Reich inzwischen aus Katholiken, Protestanten und Calvinisten zusammen, wobei allerdings der Hochmeister stets katholisch zu sein hatte.
Die Zusammensetzung des Ordens spiegelte in gewisser Hinsicht auch den Zustand des Reiches wieder, dass sich nun in eine Vielzahl von Kleinstaaten aufspaltete welche ihrerseits verschiedener Konfession waren und sich nicht zuletzt aufgrund dessen auch teilweise feindlich gegenüberstanden. Die Niederlassungen des Ordens waren dagegen auf das gesamte Reichsgebiet verteilt und mussten vielerorts mit den unterschiedlichsten Problemen kämpfen, die die innenpolitische Lage mit sich brachte. Die Ordensführung versuchte daher in einem solchen unübersichtlichen Chaos, Anlehnung an die einzig verbliebene Macht zu finden die zumindest formell im gesamten Reich gleichermaßen Achtung und Einfluss besaß: Das Kaiserhaus. Als Gegenleistung hatte der Orden gegen die vorrückenden Osmanen ins Feld zu ziehen und sich dem heiligen Kampf gegen das Osmanische Reich zu verpflichten. Dass man diese neue Aufgabe offenbar sehr ernst nahm, ist den Ordensstatuten seit 1606 zu entnehmen, denen gemäß niemand ein Amt im Orden bekleiden durfte, der nicht bereits an drei Feldzügen gegen die Osmanen teilgenommen hat. Auch wurde der Hochmeister fortan weitgehend aus der Habsburger Familie gestellt, womit der Orden zwar nicht formell, wohl aber im Ergebnis seine Unabhängigkeit verlor. Fortan konnten auch nur noch Bewerber von altem Adel (mindestens 16 adlige Vorfahren) Ordensritter werden.
Gegen Ende des 17.Jh wurde der kämpfende Teil des Ordens, den sich veränderten Verhältnissen der Kriegsführung entsprechend, in das Habsburger Heer eingegliedert und stellte ein eigenes Regiment, dass vom Hochmeister in die Schlacht geführt wurde. Ein solches Regiment gibt es im Österreichischen Bundesheer noch heute, wenn auch nur noch der traditionellen Bezeichnung nach.
(Regimentsabzeichen, 21.Jägerregiment "Hoch- und Deutschmeister")
Auf der anderen Seite stand der geistliche Schwerpunkt, der immer mehr in den Vordergrund rückte. So war seit der "Usurpation" der verbliebenen Ordensführung durch die Habsburger, der Orden wieder weitgehend katholisch geprägt und besaß zudem in seinen zahlreichen Niederlassungen diverse Pfarreien, für welche auch viele Priester rekrutiert werden mussten, denen eine gute Ausbildung zuteil wurde. Zumindest dieser Teil des Ordens hat die Gezeiten der Geschichte bis heute überlebt.
Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges verschuldete sich das Kaiserhaus bei dem Ritterorden und übertrug ihm daraufhin die neu eroberte schlesische Besitzung Freudenthal, welche eine wichtige Einkommensquelle werden sollte. Das Einkommen des Ordens als solches war zwar beträchtlich, aber immer noch galt das Armutsgelübde, wenn auch, in gemäßigter Form. Dennoch oder vielleicht eben deshalb war der Titel des Hochmeisters in der Gesellschaft von hohem Ansehen und stand direkt hinter dem Erzbischof.
In dieser engen Anlehnung an das Habsburger Kaiserhaus konnte der Orden die großen Zeitwenden gut meistern und sich seinen Platz in der Gesellschaft sichern.
Dies änderte sich jedoch mit den Niederlagen der Habsburger gegen Napoleon: Als Napoleon Bonaparte das Reichsgebiet neu aufteilte verlor der Orden sämtlichen Besitz im deutschen Reichsgebiet. Ihm verblieben lediglich seine Güter im unmittelbaren Herrschaftsbereich der Habsburger. Dies brachte dann wieder mit sich, dass die Bindung an das Haus Habsburg noch enger wurde und der Orden, der aufgrund seiner nunmehr bescheidenen Besitzungen nur noch eine geringe Anzahl an Mitgliedern unterhalten konnte, wieder zu einem rein katholischen Orden wurde.
Die Armut und das Elend, welche für große Bevölkerungsschichten seit der Industriellen Revolution an der Tagesordnung waren, wie auch das immer brutaler werdende Kriegswesen, verlangten nach caritativen Einrichtungen. So wurde nach dem Krimkrieg von der berühmten britischen Pflegerin Florence Nightingale das Sanitätswesen eingeführt. Wesentlich unbekannter ist, dass auch der Deutsche Orden ein solches auf Initiative der leitenden Ritter ins Leben rief. Zahlreiche Halb-Schwestern des Ordens, Priester und angeworbene Ärzte versahen ihren Dienst vorbildlich und aufopferungsvoll, beinahe wie damals bei der Entstehung des Ordens bei Akkon. Besonders die grauenhaften Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges gaben der Sanitätsabteilung des Ordens ein reichhaltiges Betätigungsfeld.
Allerdings hatte der Orden nach dem Zusammenbruch der Habsburger Herrschaft nach der Niederlage von 1918 schwer damit zu kämpfen, als Kirchlich-Geistlicher Orden anerkannt zu werden und sich von einem bloßen Parteigängertum der Habsburger zu differenzieren. In dieser Zeit wurden auch die wichtigsten Ämter von den Rittern an die Priester abgegeben.
Der Orden erhielt nun ein völlig neues Gepräge, das nur noch wenig mit dem einstigen Ritterorden gemein hatte. Auch wurde der Hochmeistersitz zunehmend von Wien nach Freudenthal verlagert und zudem nahmen nur noch Priester dieses Amt an der Ordensspitze ein, was zwar auch vorher schon vorkam, wie diese Illustration von Clemens August von Bayern zeigt, der von 1732-1761 Hochmeister war und gleichzeitig Erzbischof von Köln.
(Clemens August von Bayern, Hochmeister und Erzbischof v. Köln)
Dies war allerdings bis 1918 eher die Ausnahme.
Bis1938 konnte der Orden sich also noch als geistliche Institution halten. Dann wurde er von den Nationalsozialisten aufgelöst, enteignet und verboten. Zum einen dürfte er mit seiner engen Verbindung zur Preußischen wie auch Habsburger Geschichte der Vorstellung von Geschichtsschreibung der Nationalsozialisten im Weg gestanden haben und zum anderen Konkurrent für den von den Nazis geplanten eigenen Orden gewesen sein.
Nach 1945 konnte der Orden langsam wieder Gestalt erlangen und die Besitzungen in Österreich und Slowenien zurückgewinnen.
Durch Wiederaufnahme des "Familiarenprinzipes" aus dem 19. Jahrhundert., bei dem wohlhabenden Personen für finanzielle Unterstützung des Ordens die Ehrenritterschaft zugestanden wurde, konnte der Orden wieder die nötigen Geldmittel aufbringen, um auch in Deutschland wieder einige Tätigkeitsfelder zu erschließen. Er führt heute Kranken- und Waisenhäuser, Kinder- und Altenheime und betätigt sich in der Seelsorge und in verschiedenen Pfarreien.
Der Orden ist heute also zu seiner karitativen Wurzel zurückgekehrt, und wird aus Wien vom Hochmeister, der den Rang eines Abts innehat geleitet.
(65. Hochmeister, Abt Bruno Platter)
Literaturverzeichnis:
Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold, Udo: Albrecht von Brandenburg- vom Hochmeister zum Herzog,
in: Damals 1-2007;
Cyran, Eberhard: Zeit lässt steigen dich und stürzen, Friedrich II. und die letzten Staufer,
Zürich 1999;
Hubatsch, Arnold: Albrecht von Ansbach. Deutschordenshochmeister und Herzog von Preußen 1490-1568, Heidelberg 1965;
Prof. Dr. Mitzler, Klaus: Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgard 2005;
Waas, Adolf: Geschichte der Kreuzzüge, Freiburg im Breisgau 1956;
www.deutscher-orden.at
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